Alles auf Glühwein
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Er ist eine Hildburghäuser Erfolgsgeschichte: Gänselieschens Glühweinmarkt. Am gestrigen 1. Advent lockte er – gekoppelt mit dem einkaufsoffenen Sonntag – wieder Tausende in die Innenstadt.
Hildburghausen – Auf dem Hildburghäuser Marktplatz geht am späten Sonntagnachmittag kein Blatt mehr zu Boden. So voll ist es hier nur einmal im Jahr – am ersten Adventssonntag. Dann ruft das Gänselieschen zur Glühweinverkostung – und viele, viele kommen. Auch bei der 16. Auflage des Marktes, der einst aus der Not heraus geboren wurde, einen Anlass für das sonntägliche Öffnen der Geschäfte zu schaffen. Mit drei Buden an einer Marktecke begann damals eine Erfolgsgeschichte, wie sie niemand vorauszusehen wagte.
Heute stehen 38 Buden und Verkaufsstände zu Füßen des festlich beleuchteten Weihnachtsbaumes. Allein in 30 wird Glühwein ausgeschenkt. Glühwein rot und Glühwein weiß. Glühwein mit und Glühwein ohne Alkohol. Glühwein aus Holunder und Glühwein aus Heidelbeeren, Glühwein mit Amaretto, Glühwein mit Rum oder Glühwein pur. Die Auswahl ist so groß wie die Zahl der Buden.
Alte Rezepte, neue Ideen
Und jede buhlt um die Gunst der Glühweinfans. Auch die Frauen des ACV Hildburghausen rotieren zwischen Zapfhahn, Kasse und Tresen. „Bei uns ist der Glühwein nach altem Rezept selbst angesetzt. Fertig-Gewürzmischungen gibt’s da nicht“, lassen sie wissen. Damit die Verkoster eine gute Grundlage haben, können sie bei den Alt-Karnevalisten auf Fettbrote zurückgreifen. Auch die Kreissparkasse lockt die durstigen Seelen mit einer eigenen Glühweinkreation – nämlich aus Holunderbeeren. Das aromatisch-fruchtige Gebräu kommt an: Mit deutlichem Abstand wird es von den Besuchern als der beste Glühwein des Jahrgangs 2014 gewählt und mit einem Pokal vergoldet. Die VR-Bank muss sich statt der Titelverteidigung mit Platz zwei begnügen.
Stärkere Geschütze fährt das Team vom „Route 66“ auf: Die Gaststätte hat ihren Stand in der Unteren Marktstraße und bietet „Hot Whiskey“ an. Beim Theaterverein Hildburghausen indes schenkt der Chef persönlich aus. „Auch wenn die Tage und Wochenenden zur Zeit terminlich ganz schön vollgepackt sind“, sagt Tilo Kummer, der als Linken-Landtagsabgeordneter derzeit in Erfurt an der Regierungsbildung mitarbeitet. Auch am Stand der Nonne-Schule klingelt’s in der Kasse. Neben Glühwein gibt’s hier für Säumige auch noch selbstgebastelte Adventskränze. „Die 9 R will mit den Einnahmen ihre Klassenfahrt im April nach England finanzieren“, heißt es auf Nachfrage, wofür das Geld Verwendung finden soll.
Popcorn und Pferdeklops
Zwischen Bratwurst, Popcorn, Plätzchen, Pferde-Klopsen und Crepes; zwischen Kinderkarussell, Schießbude und Stehtischen, fällt es am späten Nachmittag schwer, sich überhaupt noch einen Weg über den Markt zu bahnen. Gruppenweise stehen die Marktbesucher beisammen; schwatzen, trinken, essen und rauchen. Der Glühwein lockert die Zungen. Die Stimmung steigt, auch wenn die Sängerin der Live-Band „Azur“ vorn auf der Bühne nicht jeden Ton perfekt trifft. Auch in den Geschäften der Kreisstadt herrscht viel Betrieb. Viele haben sich eigene Aktionen für den verkaufsoffenen Adventssonntag ausgedacht, so wie das Schlosscenter und der Hagebaumarkt, die eigene kleine Adventsfeste auf die Beine stellen. „Auch unsere Händler und Mitglieder sind von diesem Tag begeistert und profitieren davon“, weiß Bernd Klering, Chef des Hildburghäuser Werberings, unter dessen Federführung der Glühweinmarkt zum Hit wurde. Am frühen Abend, nach erster kurzer Umfrage bei Innenstadt-Händlern, zieht Klering ein durchweg positives Fazit: „Nicht nur der Rahmen und das Flair, auch die Umsätze haben gestimmt“, sagt er zufrieden.
Die Gewinner 2014
- Kreissparkasse Hildburghausen – 551 Stimmen
- vr bank Südthüringen – 414 Stimmen
- Fachgeschäft Neidhardt – 252 Stimmen
- Altkarnevalisten Hildburghausen – 162 Stimmen
- Bikerkneipe Route 66 – 88 Stimmen
- SV Häselrieth – 83 Stimmen
Was macht ihn aus, den Glühweinmarkt?
Am ersten Adventssonntag strömen die Massen auf den Hildburghäuser Marktplatz. Was macht den Reiz von Gänselieschens Glühweinmarkt aus? Wir fragten Besucher – mit und ohne Glühweinbecher.
Karin Stähr, Hildburghausen: Mein Enkel Philip ist mit seiner Klasse hier und verkauft am Stand der Nonne-Schule Glühwein. Da ist es doch ganz klar, dass ich auch da bin und meine Stimme abgebe. Für wen? Na für die Nonne-Schule natürlich!
Hubertus und Emma Wütscher, Hildburghausen: Ich bin im Dienst, darf deshalb leider keinen Glühwein trinken. Aber mit den Kindern habe ich Kinderpunsch probiert. Für uns als Hildburghäuser ist der Glühweinmarkt eine Pflichtveranstaltung. Den Kindern macht’s Spaß und usn auch.
Christine Meisch, Reurieth: Wenn so eine schöne Sache quasi vor der Haustür stattfindet, nutzt man das natürlich zur Einstimmung auf Weihnachten. Von Reurieth hierher ist es ja nur ein Katzensprung. Ich habe schon viel von diesem Markt gehört und muss sagen, sein Flair ist wirklich ganz wunderbar.
Andreas Beyhl, Kloster Veßra: Der Glühweinmarkt ist jedes Jahr ein fester Punkt in unserem persönlichen Adventskalender. Ohne Glühweinmarkt kein Advent. So ist das und so wird das bleiben. Weil das bei vielen anderen auch so ist, trifft man hier immer jede Menge Bekannte auf ein Schwätzchen.
Manuela und Jule Six, Leinefelde: Wir sind zum Stollenbacken übers Wochenende zur Oma gefahren. Die Stollen sind fertig, da lockte der Glühweinmarkt natürlich. Als ehemalige Hildburghäuserin treffe ich da ganz viele alte Bekannte. Das ist doch klasse. Welcher Wein der Beste ist? Natürlich der vom Stand der Kreissparkasse! Da hab’ ich mal gearbeitet (lacht).
Von Georg Vater